Ich habe im August 2022 meinen PPL erhalten, im April 2023 habe ich dann mit einem Fluglehrer in Österreich meine Alpineinweisung gemacht. Eigentlich bin ich damit schon das erste Mal außerhalb Deutschlands geflogen. Aber alleine eben noch nicht. Das Ziel für meinen ersten Auslandsflug war ohnehin klar: Österreich, meine „alte Heimat“. Da so etwas zu zweit einfach sinnvoller ist und auch mehr Spaß macht, war klar, dass ich meinen „Partner in Crime“ Dirk frage, ob er mit von der Partie ist. Viel Überredungskunst war nicht notwendig. Die BN war für den 11.06.2023 noch frei und dann auch schnell reserviert. Jetzt musste nur noch das Wetter passen.
Es hat gepasst und wir haben mit der Planung und der Flugvorbereitung angefangen. Das Wetter sollte sich im Laufe des Tages von Westen her weiter bessern, aber bereits am Morgen gut genug sein. Dirk ist immer für einen „touristischen Abstecher“ gut und hat gemeint, dass wir keinen großen Umweg fliegen müssten, um Rothenburg ob der Tauber zu sehen. Also wurde ein Flugplan aufgegeben: Es sollte von Egelsbach über Rothenburg, München, das Inntal und den Paß Grießen zum Anflug über November und Lake nach Zell am See gehen. Mit dabei war auch Dirks 11-jähriger Sohn Maarten, der es sich auf der hinteren Sitzbank bequem gemacht hat.
Mit Preflight, Tanken etc. wurde es dann doch knapp, auch ein leichter Stau am Rollhalt. Am Flugplan war 7:15Z als Abflugzeit angegeben. Um 7:45Z rollte ich dann auf die Piste 08 und schob das Gas hinein. Das ist Timing. Abflug über Kilo und dann ging es auf FL55 Richtung Südosten. Vor Rothenburg ging es dann wieder bergab. Der netten Dame vom FIS habe ich Bescheid gesagt. Ein 360 um Rothenburg war ein netter Anfang unseres Flugtages.
Als nächstes Highlight war der Überflug über München in 3.400ft geplant. Einzig dem Olympiaturm darf man nicht zu nahe kommen. Sonst ist man in dieser Flughöhe mehr als 1000 ft. über Terrain und unter dem Luftraum C von München. Also alles gut,so lange man aus dem Luftraum D von Oberpfaffenhofen draußen bleibt. Das war alles geplant, der Autopilot entsprechend eingestellt und es wurde hinaus geschaut. Schweißperlen habe ich dann bekommen, als ich einen Segelflieger genau vor mir und wenige 100 ft. höher –also im Luftraum C mitten über München –gesehen habe. Das war nicht so geplant gewesen! Also Autopilot raus und um 45 Grad nach links gedreht.
Hinter München war der Stau auf der Autobahn für uns sehr entspannt zu überfliegen. Dann haben wir uns das Strecken – GAFOR für Österreich aktuell auf das iPad geholt. Das Wetter hat für den Pass Thurn besser ausgesehen als für den Pass Grießen, wo die Wolken noch wesentlich tiefer hingen. Also den Plan B genommen – eigentlich wollten wir über den Pass Thurn und Kitzbühel zurück fliegen, aber anders herum war es gerade besser, das Wetter sollte ja aus Richtung Westen besser werden. Schon kam das Inntal in Sicht.
Sehr spät (wir waren schon tief in Österreich) hat uns dann Langen gesagt, dass wir auf Wien Information wechseln sollen. Nach mehreren Versuchen habe ich schließlich einige Fetzen einer Antwort bekommen. Ein anderer Flieger hat es auch mehrmals versucht, eine Antwort von Wien zu bekommen. Auch erfolglos – also den Transponder auf 7000 und weiter. Ein Blick Richtung Pass Grießen und es hat sich bestätigt, was in der Vorhersage war. Aber das Wetter sollte von Westen besser werden. Also weiter Richtung Kitzbühel und die Instrumente alle nochmals geprüft, Thermik, Windrichtung, Sicherheitshöhe in Erinnerung gerufen, Höhe vom Pass Thurn nochmals geprüft und weiter in die Berge. Die Wolkenuntergrenze der aufgelockerten Bewölkung hat auch gepasst und kurz hinter Kitzbühel war der Blick auf den Pass Thurn frei.
In dem Moment war klar, dass wir auch sicher drüber kommen. Nach dem Überflug über die Passhöhe war der Blick ins Pinzgau toll, Großglockner und Großvenediger waren aber leider in Wolken.
Kaum im Pinzgau, habe ich mich in Zell am See angemeldet (man hat quasi Sichtkontakt) und habe auch vom Kontaktversuch mit Wien berichtet. Die Antwort war klar: „Bevor die zum Suchen beginnen, rufen die eh bei uns an“. Das ist halt ein Vorteil, wenn man einen Flugplan aufgibt. Der Anflug über Whiskey war problemlos und nach 2 ½ Stunden Flugzeit sind wir in Zell am See gelandet. Ich habe nach dem Abstellen gleich in Wien angerufen, Bescheid gesagt und den Flugplan geschlossen.
Zu Fuß ging es zum Bahnhof Bruckberg und nach wenigen Minuten Wartezeit ganz ökologisch mit der Bahn in die Stadt.
Nach einem adäquaten Mittagessen (fliegen macht hungrig) mit Wienerschnitzel, Zwiebelrostbraten und Käsespätzle
...ging es weiter zum See.
Nach dem Tanken hatte Dirk das Vergnügen, auf der 08 in LOWZ zu starten und über Lake und November abzufliegen.
Etwas Neid war bei mir schon dabei, aber so habe ich wenigstens einen tollen Blick auf das Steinerne Meer gehabt.
Bald kam das Inntal in Sicht. Kurz hinter dem Paß Grießen hatten wir dann auch die Höhe, dass ich Wien an den Funk bekommen habe.
Bald darauf schalteten wir wieder auf Langen. In Deutschland ging es dann in FL65 der Alpennordseite entlang, in Österreich gibt es in FL65 nicht, die Transition Altitude ist 10.000 ft!
Für den Rückflug hatte Dirk auch noch ein „touristischesZiel“ geplant: Schloss Neuschwanstein.
Nun war es aber wirklich Zeit, nach Hause zu kommen. Das AKW Grundremmingen ist auch einer der Punkte, an denen man vorbei kommt, wenn man in Richtung Süden fliegt.
Über den Odenwald ging es nach Delta und gegen 18:30 (local) waren wir nach etwa 2 ½ Std. Flugzeit wieder zurück in Egelsbach.
Es war ein toller Tag mit vielen neuen Eindrücken. Ich habe am Abend einen Bekannten in Österreich kontaktiert, wegen meinem misslungenen Versuch Wien zu kontaktieren. Er meinte nur, das ist nix Neues, dass der Empfang von Wien in Westösterreich miserabel ist, deswegen hat Euch auch Langen so spät abgegeben. Auch gut zu wissen.
Dirk und ich sind beide noch relativ frisch bei der Fliegerei dabei. Dennoch ist es uns wichtig, auch Neues zu wagen. Dies ist dann aber auch gut vorbereitet und wir haben auch schon das eine oder andere Mal Vereinskollegen gefragt. Und gerne machen wir solche Dinge gemeinsam. Dann kann einer fliegen und der andere übernimmt z. B. die Navigation und schaut, denkt und hört mit. Das entlastet auch den Pilot Flying und sorgt für zusätzliche Sicherheit.
Ach ja – und Spaß macht es natürlich auch!
Text: Udo Haubmann, Bilder: Udo Haubmann, Dirk Slodzinski